Kreis Ludwigsburg

Artikel aus der
Stuttgarter Zeitung
vom 21.07.2003

 


Schule platzt aus den Nähten
 
Rektor sammelt Firmenspenden für Schulausbau in Marbach
 
MARBACH. Die Schulen erweisen sich für Marbach als Fass ohne Boden. Neun Millionen Euro wurden in den vergangenen zehn Jahren in Sanierungen und Erweiterungen gesteckt. Nun braucht das Friedrich-Schiller-Gymnasium einen Anbau – schon wieder.

Von Carola Sauer

"Zu unser aller Überraschung" hat sich im vergangenen halben Jahr gezeigt, dass der Platz im Friedrich-Schiller-Gymnasium (FSG) für den Schülerandrang nicht ausreicht, sagte Bürgermeister Herbert Pötzsch in der jüngsten Gemeinderatssitzung. Mehr als 1500 Schüler besuchen das FSG, davon kommen mehr als 70 Prozent von auswärts. Mehr als 1600, so wird prognostiziert, werden es in vier Jahren sein. Schon jetzt gibt es 16 Wanderklassen, die kein eigenes Klassenzimmer in dem Gebäude haben. Das Gymnasium ist nach Angaben von Pötzsch das größte in Baden-Württemberg. Der Schülerzustrom nach Marbach hat sich verstärkt, seitdem die Gymnasien in Freiberg und Beilstein nur noch begrenzt Bottwartal-Kinder aufnehmen. Die Schüler aus Steinheim, Großbottwar, Murr oder Benningen müssen jetzt das Marbacher Gymnasium besuchen: "Früher hatten wir zehn bis zwölf Großbottwarer", so Pötzsch; mittlerweile seien es 80.

Das hat Folgen. Die Schule platzt aus allen Nähten. Das Oberschulamt Stuttgart fordert Konsequenzen. Es "hat uns hinlänglich deutlich gemacht, dass wir ausbauen müssen", berichtete der Bürgermeister, und zwar schnell. Schon im Oktober soll mit der Erweiterung begonnen werden, innerhalb von fünf Monaten soll die Schule für 1,3 Millionen Euro acht neue Klassenräume sowie einen Zeichen- und einen Physiksaal erhalten. Erst 1999 war das Gymnasium für etwa 1,8 Millionen Euro (3,5 Millionen Mark) erweitert worden. Insgesamt hat Marbach in den vergangenen zehn Jahren neun Millionen Euro in die Sanierungen und den Ausbau der Schulen investiert.

In dem Grundsatzbeschluss, den der Gemeinderat in seiner jüngsten Sitzung gefasst hat, haben die Räte sich gleichzeitig mit elf Ja- und acht Neinstimmen für die von der Schule favorisierte, aber um 42 000 Euro teurere Ausbauvariante entschieden. Die Erweiterung wird als Fertigbau auf das Gymnasiumsdach an der Ecke Schulstraße/Weimarstraße gepackt. Die Verwaltung hatte sich aus Kostengründen und städtebaulichen Überlegungen für einen zweistöckigen Anbau in diesem Bereich ausgesprochen. Das FSG ist von dem renommierten Architekturbüro Behnisch und Partner konzipiert worden. Ein Solitär auf dem Dach könnte das Erscheinungsbild stören, meinte die Rathausspitze. Die Schulleitung hatte dagegen argumentiert, der Anbau raube den Klassenzimmern Licht und den Freiarbeitsplätzen an der frischen Luft den Raum. Dieser Einschätzung folgte die Ratsmehrheit – trotz der erhöhten Kosten und obwohl man zuvor über den Spardruck diskutiert hatte, unter dem die Stadt steht.

In den nächsten Wochen soll die Finanzierung des 1,3 Millionen Euro teuren Vorhabens geklärt werden. Einen Zuschuss von einer Million Euro hat das Kultusministerium mündlich zugesagt. Auch der FSG-Rektor ist nicht untätig geblieben, sondern hat eifrig Klinken geputzt: Innerhalb weniger Wochen hatte Günter Offermann 110 000 Euro an Spenden bei Firmen und Privatleuten gesammelt. Der Rest, etwa 220 000 Euro, muss aus dem städtischen Haushalt 2004 finanziert werden. Allerdings führt die Stadt Gespräche mit den Nachbarkommunen, deren Kinder die Marbacher Schule besuchen, ob sie "als nette Geste" einen Obolus beizusteuern bereit sind. Zwei haben laut Pötzsch finanzielle Unterstützung signalisiert.
 
21.07.2003 – aktualisiert: 22.07.2003, 05:04 Uhr